
Wie Peter Werner aus Altrich Selbstversorgung und Veredelung lebt
Wir waren bei Peter Werner in Altrich – und sind immer noch ganz beseelt von diesem Besuch. Auf seinem 2.800 Quadratmeter großen Grundstück – der Boden felsig, die Erdschicht gerade mal zehn Zentimeter dick – zeigt er, was alles geht, wenn man mit Herz, Verstand und Leidenschaft gärtnert. Peters Botschaft ist glasklar: Selbstversorgung funktioniert in der Eifel. Und wie!

Schon nach ein paar Schritten durch seinen Garten wurde uns klar: Hier denkt jemand ganzheitlich. Permakultur heißt für Peter nicht einfach „mehrjährige Pflanzen“, sondern: möglichst jeder Fleck ist bewachsen. Alles ist miteinander verbunden, vieles darf bleiben, vieles darf sich entwickeln. Und trotzdem wirkt nichts chaotisch. Im Gegenteil – sein Garten ist wild und wunderschön zugleich, voller Struktur, voller Essbarem. Zum Beispiel Winterpostelein – eine zarte, vitaminreiche Pflanze, die er im Winter in großen Mengen erntet. Oder Löwenzahn, den er unter umgestülpten Tontöpfen bleicht – dann schmeckt er fast wie Chicorée.



Besonders spannend fanden wir auch Peters Umgang mit Wasser: Von allen Dächern seines Grundstücks leitet er das Regenwasser in kleine Rückhaltebecken – und schafft damit nicht nur wertvolle Feuchtbiotope, sondern richtige Mini-Gewässer. Sogar Fische leben darin!
Salat gibt es bei ihm immer in mehreren Sorten gleichzeitig.
Zu Weihnachten mag Peter frischen Schnittlauch – und wie er den bekommt, hat uns wirklich überrascht: Er sticht einfach ein Stück der Pflanze ab, stellt es kurz in die Gefriertruhe, und schon bald sprießt wieder frisches Grün.
Fast alle Gewürze zieht er selbst, trocknet sie und mahlt sie im Thermomix. Milchprodukte isst er nicht – ebenso wenig wie Meerrettich.
Wenn er sich mal unsicher ist, ob etwas essbar ist, schickt er erstmal seine Hühner vor. Die sind für ihn gewissermaßen die Vorkoster. Weiße Weißdornblätter zum Beispiel – sehr gesund, wie er meint. Aber bei Wühlmäusen hört der Spaß auf. Da wird selbst der entspannteste Gärtner zur Kämpfernatur.
Die Kunst der Veredelung


Ein echtes Herzensthema von Peter ist das Veredeln – besonders bei Obstbäumen. Und es macht so viel Sinn: Man kann auf einem einzigen Baum gleich mehrere leckere Sorten unterbringen. Für kleine Gärten ein riesiger Vorteil. Auf jedem seiner Apfelbäume wachsen fünf bis sechs verschiedene Sorten – und zwar so ausgewählt, dass sie zu unterschiedlichen Zeiten blühen und reifen. Die Edelreiser dafür hat er im Laufe der Jahre getauscht – bis nach München.
Wie das funktioniert? Im Dezember oder Januar schneidet er die Ruten und lagert sie in Erde im Schatten. Veredelt wird dann, wenn es ein bis zwei Wochen richtig warm ist und der Saftfluss einsetzt. Er setzt die Edelreiser auf etwa zehn Zentimeter dicke Äste – zwei bis drei Ruten pro Stelle. Der Schnitt muss scharf sein, niemals gequetscht. Dann wird alles mit Wachs versiegelt und mit einem kleinen Stöckchen stabilisiert, damit nichts abknickt.
Auch Rosen veredelt er – im späten Frühjahr schneidet er vier Augen von einjährigen Trieben ab, bindet sie mit Bast an – und nach etwa sechs Wochen wird die Schnur wieder entfernt.
Gelernt hat er all das in Südtirol, bei einem alten Mann in Meran, den er im Urlaub kennengelernt hat. Und was er dort aufgeschnappt hat, hat er über Jahrzehnte hinweg weiterentwickelt und perfektioniert – und gibt dieses Wissen heute mit großer Freude weiter.
Ein Garten voller Geschichten


Peters Garten ist voller kleiner Geschichten und kluger Lösungen. Besonders beeindruckt hat uns seine wunderschöne Natursteinmauer aus Eifellava – selbst gebaut, für gerade mal 200 Euro. Heute ist sie herrlich bewachsen und ein echtes Schmuckstück. In einem kleinen Räucherhäuschen verarbeitet er Wacholder zu feinem Rauch. Überall auf dem Gelände hat er kleine Hügel aufgeschüttet – das macht den Garten optisch noch größer und abwechslungsreicher.
„Der Garten soll ein Spiel sein“, sagt Peter. Und das spürt man. Überall wächst, blüht, lebt etwas. Da steht ein Rotdorn, der oben rot und unten weiß blüht – weil er auf einen Weißdorn veredelt wurde. Gleich daneben ein Ginkgo – das älteste Gewächs der Erde. Peter trinkt Tee aus seinen Blättern. Und sein Tipp an uns Pflanzenfreund*innen: In Italien in Gärtnereien stöbern – da findet man wahre Schätze.
Rosa Winterschneeball, Wurmkraft und warme Gießkannen
Ein besonderes Highlight war der rosa blühende Winterschneeball, der uns alle begeistert hat – und von dem wir uns einen kleinen Steckling mitnehmen durften. Vielleicht wächst er ja bald in vielen bunten Gärten der Eifel weiter.
Auch das Thema Düngung kommt bei Peter nicht zu kurz: In alten Tonnen hat er eine eigene Wurmzucht eingerichtet. Der daraus entstehende Kompost, sagt er, hat sechs- bis siebenmal mehr Düngekraft als normale Gartenerde. Dafür hat er die Tonnen unten geöffnet, auf Träger gestellt und lässt die Würmer kompostieren – ohne dafür ein Gitter einzubauen. Wichtig: Im Sommer die Würmer gelegentlich gießen. Übrigens – Mini von uns hat auch Kompostwürmer, wegen ihrer Pferde. Falls jemand Bedarf hat – gerne melden!
Noch ein Trick, den wir einfach genial fanden: Peter stellt seine Gießkannen tagsüber in die Gewächshäuser. Die Wärme, die sie aufnehmen, geben sie nachts wieder ab – das spart die teure Heizung. „Ich bin zu geizig zum Heizen“, meint er und lacht.
Zum Anregen, nicht zum Angeben
Peter beeindruckt nicht mit einem perfekten Garten. Sondern mit einem Ort, der lebt, atmet, ausprobiert. Seine Philosophie: „Ich habe keinen Garten zum Angeben, sondern zum Anregen.“
Und genau das hat er bei uns geschafft. Danke, lieber Peter, für deine Offenheit, deinen Humor und deine Freude am Teilen. Wir haben so viel mitgenommen – nicht nur Stecklinge.
