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Von Brennnesselpizza bis Grasschnitt-Fermentation

Unser drittes Mini-Garten-Festival in Utscheid

Was für ein Tag! Sonnig, lebendig und voller guter Gespräche – am vergangenen Wochenende wurde der Selbstversorgergarten von Elisabeth und Reinhard in Utscheid zu einem Ort, an dem nicht nur Pflanzen, sondern auch Gemeinschaft wachsen durfte. Wir hatten zum dritten Mal zum Mini-Garten-Festival eingeladen – und rund 40 von euch sind unserer Einladung gefolgt.

Schon am Gartentor war spürbar: Hier steckt ganz viel Liebe drin. Elisabeth hatte ihren Garten mit bunten Bannern und Fotos aus früheren Projekten geschmückt. Überall blühte und summte es – Akeleien, Flieder und Schnittlauch zauberten eine wunderbare Atmosphäre. Besonders ihre Gartenführung am Morgen wurde von vielen als Highlight empfunden. Mit ihrer herzlichen, pragmatischen Art hat Elisabeth vor allem Gartenneulinge ermutigt: „Es muss einfach und praktisch sein!“ – ein Motto, das ankam.

Unser Mitbringbuffet war ein echtes Fest der Sinne! Immer wieder hörten wir: „Das schönste Buffet, das ich je gesehen habe!“

Von Brennnesselpizza über Bärlauch-Wraps, Kräuterquiche, eingelegte Walnüsse bis zum Rhabarber-Gewürzkuchen – die vielen liebevoll zubereiteten Speisen, oft direkt aus euren Gärten, waren einfach großartig.

Am Nachmittag hat uns Brigitte in die faszinierende Welt der Effektiven Mikroorganismen mitgenommen. Wie man Kompost fermentiert, damit er samenfrei und mikrobenreich als Mulch eingesetzt werden kann – das war nicht nur spannend, sondern auch direkt anwendbar für viele von uns.

Und: Es soll gegen Schnecken helfen!

Ein weiterer Höhepunkt war Barbaras Kräuterführung. Mit großer Herzlichkeit hat sie ihr Wissen über essbare Wildpflanzen, Hausmittel und Lieblingsrezepte geteilt – ein echtes Geschenk.

Zum Abschluss wurde am Tauschtisch Saatgut und Jungpflanzen getauscht, was das Gärtnerherz begehrt. Strahlende Gesichter, fröhliche Gespräche, Gitarrenklänge und ein knisterndes Feuer rundeten den Tag ab.

Übrigens: Am 15. Juni stehen wir mit unserem Stand auf dem Sommerfest in Weißenseifen! Kommt uns gerne besuchen, das Programm und der Ort sind magisch!

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„Der Garten soll ein Spiel sein“

Wie Peter Werner aus Altrich Selbstversorgung und Veredelung lebt

Wir waren bei Peter Werner in Altrich – und sind immer noch ganz beseelt von diesem Besuch. Auf seinem 2.800 Quadratmeter großen Grundstück – der Boden felsig, die Erdschicht gerade mal zehn Zentimeter dick – zeigt er, was alles geht, wenn man mit Herz, Verstand und Leidenschaft gärtnert. Peters Botschaft ist glasklar: Selbstversorgung funktioniert in der Eifel. Und wie!

Schon nach ein paar Schritten durch seinen Garten wurde uns klar: Hier denkt jemand ganzheitlich. Permakultur heißt für Peter nicht einfach „mehrjährige Pflanzen“, sondern: möglichst jeder Fleck ist bewachsen. Alles ist miteinander verbunden, vieles darf bleiben, vieles darf sich entwickeln. Und trotzdem wirkt nichts chaotisch. Im Gegenteil – sein Garten ist wild und wunderschön zugleich, voller Struktur, voller Essbarem. Zum Beispiel Winterpostelein – eine zarte, vitaminreiche Pflanze, die er im Winter in großen Mengen erntet. Oder Löwenzahn, den er unter umgestülpten Tontöpfen bleicht – dann schmeckt er fast wie Chicorée.

Besonders spannend fanden wir auch Peters Umgang mit Wasser: Von allen Dächern seines Grundstücks leitet er das Regenwasser in kleine Rückhaltebecken – und schafft damit nicht nur wertvolle Feuchtbiotope, sondern richtige Mini-Gewässer. Sogar Fische leben darin!

Salat gibt es bei ihm immer in mehreren Sorten gleichzeitig. 

Zu Weihnachten mag Peter frischen Schnittlauch – und wie er den bekommt, hat uns wirklich überrascht: Er sticht einfach ein Stück der Pflanze ab, stellt es kurz in die Gefriertruhe, und schon bald sprießt wieder frisches Grün.

Fast alle Gewürze zieht er selbst, trocknet sie und mahlt sie im Thermomix. Milchprodukte isst er nicht – ebenso wenig wie Meerrettich.

Wenn er sich mal unsicher ist, ob etwas essbar ist, schickt er erstmal seine Hühner vor. Die sind für ihn gewissermaßen die Vorkoster. Weiße Weißdornblätter zum Beispiel – sehr gesund, wie er meint. Aber bei Wühlmäusen hört der Spaß auf. Da wird selbst der entspannteste Gärtner zur Kämpfernatur.

Die Kunst der Veredelung

Ein echtes Herzensthema von Peter ist das Veredeln – besonders bei Obstbäumen. Und es macht so viel Sinn: Man kann auf einem einzigen Baum gleich mehrere leckere Sorten unterbringen. Für kleine Gärten ein riesiger Vorteil. Auf jedem seiner Apfelbäume wachsen fünf bis sechs verschiedene Sorten – und zwar so ausgewählt, dass sie zu unterschiedlichen Zeiten blühen und reifen. Die Edelreiser dafür hat er im Laufe der Jahre getauscht – bis nach München.

Wie das funktioniert? Im Dezember oder Januar schneidet er die Ruten und lagert sie in Erde im Schatten. Veredelt wird dann, wenn es ein bis zwei Wochen richtig warm ist und der Saftfluss einsetzt. Er setzt die Edelreiser auf etwa zehn Zentimeter dicke Äste – zwei bis drei Ruten pro Stelle. Der Schnitt muss scharf sein, niemals gequetscht. Dann wird alles mit Wachs versiegelt und mit einem kleinen Stöckchen stabilisiert, damit nichts abknickt.

Auch Rosen veredelt er – im späten Frühjahr schneidet er vier Augen von einjährigen Trieben ab, bindet sie mit Bast an – und nach etwa sechs Wochen wird die Schnur wieder entfernt.

Gelernt hat er all das in Südtirol, bei einem alten Mann in Meran, den er im Urlaub kennengelernt hat. Und was er dort aufgeschnappt hat, hat er über Jahrzehnte hinweg weiterentwickelt und perfektioniert – und gibt dieses Wissen heute mit großer Freude weiter.

Ein Garten voller Geschichten

Peters Garten ist voller kleiner Geschichten und kluger Lösungen. Besonders beeindruckt hat uns seine wunderschöne Natursteinmauer aus Eifellava – selbst gebaut, für gerade mal 200 Euro. Heute ist sie herrlich bewachsen und ein echtes Schmuckstück. In einem kleinen Räucherhäuschen verarbeitet er Wacholder zu feinem Rauch. Überall auf dem Gelände hat er kleine Hügel aufgeschüttet – das macht den Garten optisch noch größer und abwechslungsreicher.

„Der Garten soll ein Spiel sein“, sagt Peter. Und das spürt man. Überall wächst, blüht, lebt etwas. Da steht ein Rotdorn, der oben rot und unten weiß blüht – weil er auf einen Weißdorn veredelt wurde. Gleich daneben ein Ginkgo – das älteste Gewächs der Erde. Peter trinkt Tee aus seinen Blättern. Und sein Tipp an uns Pflanzenfreund*innen: In Italien in Gärtnereien stöbern – da findet man wahre Schätze.

Rosa Winterschneeball, Wurmkraft und warme Gießkannen

Ein besonderes Highlight war der rosa blühende Winterschneeball, der uns alle begeistert hat – und von dem wir uns einen kleinen Steckling mitnehmen durften. Vielleicht wächst er ja bald in vielen bunten Gärten der Eifel weiter.

Auch das Thema Düngung kommt bei Peter nicht zu kurz: In alten Tonnen hat er eine eigene Wurmzucht eingerichtet. Der daraus entstehende Kompost, sagt er, hat sechs- bis siebenmal mehr Düngekraft als normale Gartenerde. Dafür hat er die Tonnen unten geöffnet, auf Träger gestellt und lässt die Würmer kompostieren – ohne dafür ein Gitter einzubauen. Wichtig: Im Sommer die Würmer gelegentlich gießen. Übrigens – Mini von uns hat auch Kompostwürmer, wegen ihrer Pferde. Falls jemand Bedarf hat – gerne melden!

Noch ein Trick, den wir einfach genial fanden: Peter stellt seine Gießkannen tagsüber in die Gewächshäuser. Die Wärme, die sie aufnehmen, geben sie nachts wieder ab – das spart die teure Heizung. „Ich bin zu geizig zum Heizen“, meint er und lacht.

Zum Anregen, nicht zum Angeben

Peter beeindruckt nicht mit einem perfekten Garten. Sondern mit einem Ort, der lebt, atmet, ausprobiert. Seine Philosophie: „Ich habe keinen Garten zum Angeben, sondern zum Anregen.“

Und genau das hat er bei uns geschafft. Danke, lieber Peter, für deine Offenheit, deinen Humor und deine Freude am Teilen. Wir haben so viel mitgenommen – nicht nur Stecklinge.

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Bunte Gärten Eifel zu Besuch auf der Königsfarm: Das Protokoll vom Tag bei Friedmunt Sonnemann

Friedmunt Sonnemann ist ein leidenschaftlicher Samengärtner und Verfechter ökologischer Landwirtschaft im Hunsrück. Wir durften ihn einen Tag auf seiner „Königsfarm“ besuchen. Friedmunt hat uns mit seiner tiefen Kenntnis und Liebe zur Botanik begeistert und uns gezeigt, wie man durch Nachhaltigkeit und traditionelle Praktiken eine grüne Oase schaffen kann.

Vor 34 Jahren übernahm Sonnemann die stark vernachlässigte Königsfarm von einer Winzerfamilie und verwandelte das Anwesen in den folgenden Jahrzehnten grundlegend. Fast alle Bauten entstanden in seiner Zeit, und das Grundstück wuchs zu einer grünen Oase der Ruhe heran.

Friedmunt Sonnemann: Ein Leben für die Natur

Mit einer Fläche von 4 Hektar, davon 7.000 Quadratmeter kultiviert, ist die Farm in kleine Parzellen unterteilt – ein Ort, der den Besucher sofort in eine innere Ruhe versetzt, vergleichbar mit einem Urwald.

Friedmunt Sonnemann, geboren in den 1960ern in Bonn und aufgewachsen in Köln, begann seine ökologische Reise als Zivildienstleistender auf Ökohöfen. Diese Erfahrung führte zu seinem Entschluss, sich nach der Schule etwas Eigenes aufzubauen. Seit seinem 13. Lebensjahr fasziniert ihn die Botanik.

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Sonnemann lebt auf der Farm autark, ohne Motoren und Strom in den Häusern, um Strahlung zu vermeiden. Er nutzt sporadisch Solarstrom (z. B. Zum Wäsche waschen) und kommuniziert über Festnetztelefon. Gäste und internationale Helfer beleben die Farm, die über eine Pflanzen-Kläranlage, mehrere Zisternen und eine Quelle verfügt.

Der Weg zur Unabhängigkeit

Friedmunt Sonnemann ist vollberuflich als Samengärtner tätig. Die ersten Jahre waren schwierig; damals gab es noch wenig Bewusstsein für ökologisches Saatgut, und viele kauften lieber im Baumarkt. Doch inzwischen kann er gut davon leben. Er verkauft seine Saaten auf Marktständen und über den Versand „Mutter Erde Saaten“, eine Kooperation mehrerer Höfe. Sonnemann hat auch nie einen Führerschein gemacht und reist nach wie vor mit Bus und Bahn zu den Märkten – der nächste Bahnhof ist zweieinhalb Kilometer entfernt.

Der Vertrag zwischen Menschen und Nutzpflanzen

In einer Zeit, in der viele Menschen das alte Wissen um die Beziehung zwischen Mensch und Pflanze vergessen haben, hält Friedmunt Sonnemann an dieser uralten Verbindung fest.

Schon in der Jungsteinzeit säten und pflegten die Menschen Pflanzen, die ihnen Nahrung, Kleidung und Heilmittel gaben. Früher wurden Samen nicht als Handelsgut betrachtet, sondern als wertvolle Familienmitglieder in Ehren gehalten, weitergereicht und getauscht.

Sonnemann erzählt uns von den Hopi, einem indigenen Volk Nordamerikas, die Samen als heilig betrachten. Sie glauben, dass diese Pflanzenwesen das Volk seit Jahrtausenden begleiten. Traditionell blieben Pflanzen dort, wo sie optimal angepasst waren, was sie widerstandsfähig gegen Krankheiten und Schädlinge machte. Doch im 19. Jahrhundert, als Menschen vermehrt in Städte zogen, begann der Wandel. Der Anbau von Gemüse verlagerte sich von den Dörfern in städtische Gärten, und Samen wurden zu Handelsgütern.

„Der Verlust alter Sorten ist ein Kulturbruch, dessen Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann“, sagt Sonnemann. Heute seien lokale Sorten rar, doch sie seien für die regionale Anpassung und die genetische Vielfalt unerlässlich.

Ohne Menschen wie Friedmunt Sonnemann und Initiativen wie die Bengel Saatgutbörse im Landkreis Bernkastel-Wittlich wären viele dieser wertvollen Pflanzen unwiederbringlich verloren.

Die Herausforderung der Klimaveränderung

Die sich rasant verändernden klimatischen Bedingungen, stellen die Landwirtschaft vor immense Herausforderungen. Die subtile Verbindung zwischen Mensch und Pflanze, wie sie die Hopi pflegten, fehlt den allermeisten modernen Pflanzen. Friedmunt erzählt eine Geschichte der Indianer: Trotz wochenlanger Dürre sorgte das Mais-Lied von Nawade für vitale Maispflanzen, es wurde den Pflanzen „Mut“ zu gesungen.

Auch Friedmunt singt für seine Pflanzen, vor allem beim Säen.

Sonnemann betont die Notwendigkeit, Genbanken und NGOs zu unterstützen, um die Vielfalt zu erhalten. Gentechnik und Hybrid-Züchtungen lehnt er ab.

Runde durch den Garten und Pflanzen-Erklärungen

Sortenvielfalt: Die Kunst der richtigen Auswahl

Seit jeher wählen Menschen die besten Pflanzensaaten für die Aussaat. Gute Pflanzen zeichnen sich durch gerade Stängel, Genügsamkeit, tiefe Wurzeln, feingefiederte Blätter, leuchtend grüne Farbe und gutes Aroma aus. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wildtyp und gezüchteten Pflanzen sichert sowohl Ertrag als auch Geschmack.

Gentechniker versprechen Lösungen für Klimaveränderungen, doch ihre Versprechen bleiben oft unerfüllt. Kein Gen macht Pflanzen dürre-resistent, „Gen-Pflanzen sind starr!“.

Stattdessen brauchen Pflanzen tiefe Wurzeln und eine Wachsschicht auf den Blättern, um verschiedenen klimatischen Bedingungen standzuhalten. Traditionelle Züchtungen wie der Kürbis Petro Pawlos aus Nord-Kasachstan oder sibirische Sorten zeigen, dass Anpassungsfähigkeit entscheidend ist.

Die Bedeutung der Epigenetik

Auch epigenetische Einflüsse spielen eine entscheidende Rolle in der Pflanzenentwicklung, so Sonnemann. Konventionelle Züchtungen, die auf Gleichförmigkeit setzen, sind bei Krankheitsausbrüchen anfällig. Strategien zur Förderung von Vielfalt umfassen jährlich wechselnde Saatzeiten und Bodenbedingungen, die evolutionäre Sprünge ermöglichen und eine totale Vielfalt aus gleichförmigen Sorten herausholen.

Friedmunt Sonnemann betont die Bedeutung kosmischer Rhythmen nach Georg Wilhelm Schmidt. Planetentermine beeinflussen Vitalität und Resistenz der Pflanzen. Beispiele sind Merkur und Venus für Vitalität, Mars für Breitenwachstum sowie Jupiter und Saturn für Ordnung und Heilung. Saaten in den Rauhnächten säen und zur normalen Zeit ernten, ergibt resistentere Pflanzen.

Fazit

Unser Besuch bei Friedmunt Sonnemann auf der Königsfarm war eine inspirierende Erfahrung. Wir wurden Zeugen des Engegamgents und des Wissens, das er in seine Arbeit steckt. Seine Arbeit beweist, dass eine tiefe Verbindung zwischen Mensch und Pflanze auch in Zeiten des Klimawandels und der modernen Agrarindustrie möglich ist und gefördert werden kann. Und wer weiß, vielleicht werden wir unseren Pflanzen demnächst auch Mut zu singen 😉

Bilder: Julia Densborn, Text: Julia Kunze